Dunkle oder Helle Röstung? Drei von fünf Bohnen auf der Packung Tchibo-Kaffee? Besonders sinnvolle Angaben sind so etwas nicht. Wie spricht man besser über Röstgrade?
Was für den einen langjährigen Kaffeetrinker eine fürchterlich „saure“ und helle Röstung ist, mag für den Third Wave Fan Boy viel zu dunkel und uninteressant sein. Auch Röster haben durchaus ihre eigenen Philosophien zu den von ihnen produzierten Röstgraden, die sich sehr unterscheiden können.
Dabei gilt der Röstgrad durchaus als die mit ca. 80% Einfluss wichtigste Zielgröße, wenn es um den Einfluss auf das Aroma des Kaffees geht.
Man kann durchaus die Farbe von Röstkaffee messen. Dies erfordert allerdings ein spezielles Gerät und die Geräte, die es gibt, unterscheiden sich in den verwendeten Skalen, da Farben sich nunmal in einem „Raum“ bewegen und sich nicht auf einer allgemein gültigen Skala darstellen lassen. Am bedeutsamsten scheint hier die Agron-Skala, die von sehr hellen Kaffees mit Werten bis zu 70 bis zu sehr dunklen Bohnen bei ca. 25 reicht. Geräte, die solche Messungen erlauben, haben typischerweise vierstellige Preise. Der „Tonino“ ist ein aus einem ambitionierten Projekt entstandenes günstigeres Gerät, das aber auch mit anderer Technik auf einer inkompatiblen Skala misst.
Wichtig ist auch zu verstehen, dass ganze Bohnen und gemahlener Kaffee zu verschiedenen Werten führen, da der Röstvorgang viel Energie auf die Bohnen gibt, die über den Zeitraum der Röstung von außen nach innen wirkt. Insbesondere schnellere Röstungen (mit einer kürzeren, steileren Entwicklungszeit) weisen hier einen größeren Unterschied auf: Gemahlener Kaffee bildet einen helleren Durchschnittswert der gesamten Bohnen als die stärker und dunkler geröstete Bohnenoberfläche.
Dennoch stehen die äußerliche Farbe, die Endtemperatur und die zeitliche Einordnung des Röstendes im Ablauf von Maillardphase, First Crack, Entwicklungsphase und Second Crack in sehr engem Zusammenhang. Es gibt hier Begriff für Roast Levels, die somit aussagekräftiger sind als ein bloßes „hell“ oder „dunkel“.
Ich habe hier ein paar Informationen recherchiert und bin dabei auch unter vermeintlichen Profis auf teils unterschiedliche Aussagen gestoßen. Dennoch möchte ich mal zusammenfassen, was mir zumindest ungefähr korrekt erscheint:
| Roast Level | Endtemp. Trommelr. | Endphase | Agtron | Gewichtsverlust | K-Logic | |
| Cinnamon | ~196 °C | Start 1st Crack | 95 | nordic | ~ 204 °C | |
| City | ~205 °C | Mid 1st Crack | 11-13 % | light | ~ 209 °C | |
| City + | 207-210 °C | End 1st Crack | medium-light | |||
| Full City | 210-221 °C | Between 1st & 2nd | 13-16 % | medium | ||
| Full City + | 218-224 °C | Start 2nd Crack | medium-dark | |||
| Vienna | 221-227 °C | Mid 2nd Crack | 16-18 % | dark | ||
| French | 227-235 °C | End 2nd Crack | 25 | 18-22% | extra dark | |
| Italian/Spanish | > 235 °C |
Mir scheint es wichtig, zu bedenken, welchen Einflüssen diese Größen unterliegen.
- Gewichtsverlust kann man sehr leicht und recht genau durch das Wiegen vor und nach der Röstung messen.
- Farbwerte kann man mit teuerer Messtechnik und deren akkurater Anwendung messen.
- Einen First Crack kann man meist recht deutlich hören, aber wann genau markiert man ihn? Beim ersten Plopp, oder vielleicht erst wenn mehrere Plopps in Folge wahrzunehmen sind?
- Temperaturen sind nur auf den ersten Blick klare Werte, denn wo genau sitzt die Messsonde („in“ den Bohnen? im Luftstrom? bei welcher Befüllung?)? Wie exakt spiegelt sie wirklich die Temperatur der Bohnenoberflächen wieder? Wie träge ist sie, unter anderem Aufgrund ihrer Bauart?
- Wie legt der Röstmeister sein persönliches Spektrum von nordic bis super dark an?
Update: Nach ein paar Tagen mit meinem Kaffelogic Nano 7 merke ich bereits, dass beispielsweise ein First Crack bei mir eher bei 206 °C statt bei 196 °C liegt. Das mag mit ganz vielen Dingen zusammenhängen, beispielsweise mit dem Fluid Bed Prinzip, der kleinen Batchgröße, der sensiblen Temperatursonde inmitten der Bohnen und den Eigenschaften meiner ersten Bohne, die sehr alt und trocken ist.
Und noch ein Learning: Die numerischen Roast Levels der Kaffelogic Software (0.1 bis 5.9) sind einfach linear mit Wortschreibungen verknüpf („very light“ bis „dark“). Diese stellen aber keine absoluten Farben der angestrebten Röstungen dar. Es kann in dem einen Profil ein Level von 3.0 eine sehr helle geröstete Bohne ergeben, während ein anderes Profil bei 2.4 bereits eine äußerlich dunkle Bohne erzeugt. Es ist also vielmehr so, dass typischerweise jedes Profil für ein bestimmtes Röstziel optimiert ist und dabei mit einem empfohlenen Roast Level versehen ist. Von diesem Level kann man nun je nach Geschmack ein wenig nach unten oder oben abweichen. Mit einem typischen Espresso-Profil eine besonders spritzige helle Filter-Röstung anzustreben, wäre wohl wenig erfolgreich.
