Ich fasse in wenigen Worten ein paar meiner Learnings aus einem Interview zusammen, das der Röstrebell Ingo mit Rob Hoos vor zwei Jahren geführt hat.
Drei wichtige Faktoren beim Rösten
- Röstgrad bzw. Farbe. Die Farbe der gerösteten Kaffeebohne hat den größten Einfluss auf Aroma und Geschmack des Kaffees. Dunkle Röstungen werden tendenziell schokoladiger, nussiger, bringen eher weniger Säure und mehr Bitterkeit mit. Hellere Röstungen können potentiell eher florale oder fruchtige von Säure getragene Noten scheinen lassen, die man mit dunkleren Röstungen zurückdrängt. Die Farbe kann man visuell wahrnehmen, aber nicht beziffern. Daher sind Messungen hilfreich. Die äußere Farbe der Bohnenoberfläche ist hauptsächlich durch die Endtemperatur bestimmt. Die Farbe des gemahlenen Kaffees bildet einen Durchschnitt der Bohne. Da insbesondere bei intensiven schnellen Röstungen das Innere der Bohne verzögert erhitzt wird, sind beide Messwerte interessant: Bean Color und Ground Color. Angestrebte Farbwerte sollten im Bereich von +/- 3 Punkten auf der Agtron-Skala erzielt werden.
- Entwicklungszeit. In dieser Phase passieren die wichtigsten Veränderungen, die für das Aroma entscheidend sind. Eine angestrebte Development Time sollte im Bereich von +/- 10 Sekunden erzielt werden. Die oft propagiert Größe DTR ist nicht unbedingt sinnvoller als die Betrachtung der Development Time als absolute Zeit, denn der Zeitpunkt des First Crack kann ja unterschiedlich ausfallen und lässt so gleiche Development Times zu unterschiedlichen DTRs führen. Ich selbst empfinde das ebenso und möchte das DTR höchstens nachrangig betrachten.
- Yellowing und Browning. Auch die Zeit bis zum First Crack hat einen Einfluss. Ein früherer First Crack kann mehr klare, florale Noten erhalten. Ein späterer First Crack kann mehr Komplexität von Schokolade, Nuss, Karamell und auch mehr Körper bedeuten.
Man sollte sich nicht zu sehr in weiteren Details verlieren. Gerade ein Röster wie der Nano 7, der ein vorgegebenes Profil sehr exakt und reproduzierbar abfährt, erfordert weniger Erfahrung, da die Energiezufuhr hier nicht manuell geregelt werden muss. Man kann sich auf die systematische Planung und Anpassung des Röstprofils konzentrieren.
Rohkaffeeauswahl
Im Vorfeld des Röstens ist selbstverständlich die Auswahl des Rohkaffees sehr entscheidend. Aus hochwertigeren Rohkaffeebohnen lassen sich leichter akzeptable Röstungen erzielen. Aus minderwertigen Rohkaffee wird man keinen perfekten Röstkaffee erzeugen können.
- Höher angebaute Kaffees sind dichter und bringen oft mehr Säure mit. Geringere Dicht erhöht die Gefahr von Röstfehlern bei zu schneller Röstung. Bei höherer Dichte besteht weniger Gefahr.
- Rohkaffee mit einem Moisture Content von 11,5% oder mehr sollte nicht zu lange lagern und bevorzugt früh geröstet werden, da er schneller altert. Ein dichter und wenig feuchter Kaffee kann auch mal ein Jahr lagern. Beim Rösten erfordert eine höhere Feuchtigkeit mehr Energie, um die Feuchtigkeit zu verdampfen und zum First Crack zu gelangen. Ein profilgesteuerter Röster wie der Nano 7 sorgt automatisch für einen höheren Energieaufwand, um zu jedem Zeitpunkt die gewünschte Temperatur zu erreichen, doch ggf. sollte der Verlauf dennoch etwas gestreckt werden.
- Processing hat großen Einfluss. Naturals sind oft fruchtig, schokoladig, erdig, oft süß, mehr Körper. Gewaschene Kaffees dagegen sind oft reiner, floral, zitrisch, apfelartig, weniger Körper.
- Beim Rösten von Naturals sollte man für ansonsten vergleichbare Ziele tendenziell eine kürzere Development Time und geringere Endtemperatur anstreben.
Weight Loss
Weight Loss ist eine einfach messbare Größe, die substantielle Aussagen über die Röstung zulässt. Angestrebte Werte sollten maximal um +/- 0,5%, besser 0,25% schwanken.
Meist bedeutet ein Gewichtsverlust von unter 11% eine zu helle Rüstung. (Ausnahme wären Kaffees mit besonders wenig Moisture Content von deutlich unter 10%.)
| 11 – 13 % Weight Loss | Light Roast |
| 13 – 16 % Weight Loss | Medium Roast |
| 16 – 18% Weight Loss | Dark Roast |
| 18 – 22 % Weight Loss | Extra Dark Roast |
Espresso
Für Espresso wollen wir in der Regel:
- eine insgesamt tendenziell längere Röstung, d.h.
- eine längere Maillard-Phase für mehr Komplexität und Körper
- eine längere Development Time um Säure zu reduzieren, denn die kurze Espresso-Brühmethode würde zuviel Säure zu sehr betonen. Außerdem werden viele Espressi mit Milch getrunken, wo Säure eher stört und Körper gewünscht ist.
- eine dunkle Röstung bzw. hohe Endtemperatur, um Löslichkeit zu erhöhen und balanciertere Shots zu ermöglichen, da Espresso oft unterextrahiert wird.
- Durch die zeitliche Streckung wird der Weight Loss größer (heller Espresso 13-14 %, dunklere noch mehr) und auch der gemahlene Kaffee dunkler.
Diese Aussagen sprechen für eine längere Röstzeit. Zugleich sind Naturals für Espresso eine gut Wahl, die tendenziell etwas kürzere Zeiten benötigen. Es gilt den richtigen Mittelweg zu finden.
Röstfehler
Subjektive Röstfehler sind Abweichungen von den selbst gesteckten Zielen:
- Under Developed / Over Developed, also eine Abweichung von der gewünschten Development Time
- Under Roasted / Over Roasted, also eine Abweichung von der gewünschten Zieltemperatur und dem gewünschten Röstgrad
- „Baked“ ist ein oft unspezifisch verwendeter Begriff für Kaffee, der jemandem nicht schmeckt. Andererseits gibt es von Profis verschiedene Definitionen. Er meint einen irgendwie zu langsam und lang gerösteten Kaffee, der dadurch an Aroma einbüßt. Nach Scott Rao verursacht durch einen zu schnellen Abfall der RoR nach dem First Crack. Laut SCA generell durch eine zu lange „flache“ Development Time. Solange man nicht weit vom First Crack entfernt die Röstung beendet, kann der Kaffee nicht „baked“ sein. Helle Röstungen mit langer Development Time haben jedoch dieses Risiko, das eigentlich gleich zu setzen ist mit Over Developed.
Objektive Röstfehler sind faktische Beobachtungen, die möglichst nicht auftreten sollten:
- Scorching tritt durch Kontakt mit zu heißer Metalloberfläche über zu lange Zeit auf. In einem Fluid Bed Roaster ist diese Gefahr weitgehend ausgeschlossen. Scorching sieht man dem gerösteten Kaffee nicht mehr an. Es verursacht einen verbrannten Nachgeschmack.
- Tipping sieht man der gerösteten Bohne an. Am schmalen Ende, an dem die grüne Bohne weich ist und keimen würde, ist sie nun besonders schwarz infolge einer zu schnellen starken Hitzezufuhr. Die Folge ist ein ähnlich verbrannter Nachgeschmack. Tipping kann bei allen Formen von Röstern auftreten, die durch Convention eine schnelle Erhitzung ermöglichen.
- Facing ist ein ähnliche Effekt wie Scorching, jedoch am Ende des Röstens: Durch eine zu volle Rösttrommel infolge der Ausdehnung haben die Bohnen nun zu viel Kontakt mit den Metalloberflächen.
- Chipping tritt bei sehr dunklen Röstungen auf. Hier werden runde Oberflächenplättchen durch den hohen Druck in der nun verhärteten Bohne abgesprengt. Man erhält Chips und Bohnen mit Kratern. Dies ist laut SCA nur ein visueller Defekt ohne Einfluss auf das Aroma.
- Quakers
Da Röster mit einem höheren Anteil von Conduction gegenüber Convection einige der erwähnten Risiken mitbringen, mag man hier evtl. mehr zu dunklen, langen, „italienischen“ Röstungen tendieren. Der Umkehrschluss trifft aber nicht zu: Reine Convection Roaster erlauben auch problemlos dunkle italienische Röstungen.
Im Interview folgten noch ein paar Tipps zur Rösterauswahl, die für mich nicht von Bedeutung sind.

